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Innovative Wirtschaft

Manufacturing-X baut den Datenraum für Industrie 4.0

Erst kam die Industrialisierung, dann die Automatisierung. Jetzt folgt der nächste epochale Schritt: die digitale Transformation der Industrie und die Entstehung digitaler Ökosysteme. Wirtschaft, Wissenschaft und Bundesregierung haben dafür das Gemeinschaftsprojekt Manufacturing-X ins Leben gerufen. Die Initiative stellte sich am 30.06.2023 im Beirat Digitalstrategie vor.

Was sind die Ziele der Initiative Manufacturing-X? 

Jede Fabrikhalle ist eine Art Drehscheibe: Ständig kommen Lieferungen an, wandern durch die Stationen, werden bearbeitet – und schließlich verlassen neue Produkte das Werk. Diese Drehscheiben-Funktion gibt es auch in der digitalen Welt: Denn jeder Prozess in der analogen Halle erzeugt mittlerweile digitale Daten. Jedes Produkt, jeder Hersteller und jeder Produktionsschritt ist ein Datensatz. 

Diese Datensätze können weit mehr als nur Produktionsprozesse optimieren. Digitale Kooperation ist der Schlüssel, um Lieferketten resilient zu gestalten, die Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz in der Produktion zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu steigern. Beispielsweise erlaubt die digitale Vernetzung von Lieferketten die vollständige und nachvollziehbare Bilanzierung des CO2-Fußabdrucks von Produkten über deren gesamten Herstellungsprozess hinweg: Von Rohstofflieferanten über vorgelagerte Zulieferer bis hin zum Produzenten und zum Logistikunternehmen, welches das fertige Produkt dem Endkunden liefert. Doch noch gibt es für digitale Prozesse keinen leicht zugänglichen, praktischen und sicheren Raum, wie sie die Fabrikhalle aus Stahl und Beton bietet. Deshalb arbeitet die Industrie – unterstützt von Wissenschaft und Politik – an einem digitalen Ökosystem für ihre Zwecke.  

Unter dem Namen Manufacturing-X entsteht ein souveräner Datenraum für die gesamte Industrie. Anders als die analoge Halle befindet sich dieser nicht an einem Ort, sondern ist überall verfügbar, wo es Internet gibt. So können viele Unternehmen – vom KMU bis zum Konzern – in einem offenen und dezentralen Datenraum sicher und vertrauensvoll Daten entlang von Wertschöpfungsketten austauschen, ohne die Kontrolle aus der Hand zu geben. 

Wer arbeitet bei Manufacturing-X zusammen? 

Die Initiative Manufacturing-X ist unter dem Dach der Plattform Industrie 4.0 entstanden, einem seit 2013 bestehenden Netzwerk aus Unternehmen, Verbänden, Gewerkschaften und Forschungseinrichtungen. Die Plattform wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geleitet.  

Manufacturing-X ist eines der

der Digitalstrategie und wird vom BMWK verantwortet. Im Februar 2023 gründete sich das
Steering Committee Manufacturing-X
: In dem Gremium arbeiten rund 30 Fachleute am Auf- und Ausbau der Initiative. Durch die gemeinsame Arbeit erfährt das Projekt eine breite Rückendeckung aus der Industrie und Verbänden, die es als Kernelement für ihre digitale Transformation sieht. Flankiert wird die Initiative durch mehrere vom BMWK geförderte Projekte: Sie sollen praxisnahe Anwendungsfälle und Prototypen für einen branchenübergreifenden Datenraum konzipieren und testen. 

Welchen Herausforderungen blickt Manufacturing-X entgegen? 

Die Arbeit mit Daten ist für die Industrie nicht neu, wird aber immer vielfältiger und wichtiger. Die Initiative Manufacturing-X muss daher einerseits die Erfahrungen der Vergangenheit berücksichtigen und auf Vorarbeiten bestmöglich aufbauen. Andererseits muss das BMWK genau jene Projekte fördern, aus denen heraus ein optimales digitales Ökosystem für die Industrie entstehen kann.  

Die Konzepte müssen europa- und weltweit funktionieren, denn Lieferketten und Handelsbeziehungen machen natürlich nicht an Landesgrenzen halt. Um diese Anschlussfähigkeit sicherzustellen, müssen die Projekte auch international koordiniert werden. Für die Förderung und die einzelnen Projekte gibt es ambitionierte Zeitpläne, die mit Blick auf die bisher geleisteten Vorarbeiten aber realistisch sind. Darüber hinaus gibt es in der Digitalstrategie Deutschland weitere Projekte, die bei der Umsetzung von Manufacturing-X nützlich sein können. Eine enge Vernetzung etwa mit SynErgie ist denkbar. 

Wie sieht der Zeitplan für Manufacturing-X aus? 

Das digitale Ökosystem Manufacturing-X wird auf umfangreichen Vorarbeiten und Erfahrungen aus Projekten im Umfeld der Plattform Industrie 4.0 und aus angrenzenden Förderinitiativen aufbauen. Es gab und gibt bereits Projekte zum digitalen Zwilling in der Industrie („Asset Administration Shell“), zu branchenspezifischen industriellen Datenräumen („Catena-X“) oder zur Referenzarchitektur Industrie 4.0 (RAMI 4.0). Diese Vorarbeiten müssen zusammengebracht, weiterentwickelt und adaptiert werden, um den branchenübergreifenden Datenraum für Industrie 4.0 zu schaffen. 

Für die flankierende Unterstützung der Initiative Manufacturing-X hat das BMWK ein

. Die Förderrichtlinie soll noch im Juli 2023 erscheinen und wird genauer definieren, welche Projekte sich bewerben können. Es handelt sich um eine anwendungsnahe FuEuI-Förderrichtlinie, FuEuI steht für Forschung und Entwicklung und Innovation.  

Bis Ende 2023 sollen die ersten Förderprojekte bewilligt werden. Sie sollen bis Mitte 2026 laufen. Für Projektförderung und Administration stehen 152 Millionen Euro zur Verfügung. Weitere Informationen zu Manufacturing-X gibt es auf der

.  

Wie der Beirat Manufacturing-X bewertet

Die Mitglieder des Beirats Digitalstrategie haben sich die Fortschritte des Projekts angesehen und anschließend gemeinsame Statements formuliert. Das BMWK reagiert darauf:

  • Beirat sagt: „Wichtig für den Erfolg des Projekts ist eine möglichst breite Beteiligung von Unternehmen aller Größen. Deswegen sollte die Skalierbarkeit immer mitgedacht und Multiplikatoren wie Plattformen, Verbände und Allianzen frühzeitig eng eingebunden werden.“

    BMWK antwortet: „Das BMWK teilt diese Einschätzung. Daher sind zahlreiche Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft von Beginn an in die Fortentwicklung von Manufacturing-X eingebunden. Die Beteiligung zahlreicher weiterer Akteure ist nicht nur möglich, sondern explizit gewünscht. Entsprechende Regelungen sind bereits in die Förderrichtlinie integriert.“

  • Beirat sagt: „Es ist wichtig, die Internationalisierung von Anfang an zu berücksichtigen und ein gemeinsames Verständnis zwischen den internationalen Stakeholdern zu schaffen. Anzustreben sind dabei auch internationale Normen und Standards für den Datenaustausch und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen.“

    BMWK antwortet: „Ausgehend von einer Initiative des BMWK und der Plattform Industrie 4.0 vernetzen sich bereits internationale Stakeholder, um ein gemeinsames Verständnis des Datenraums Industrie 4.0 zu entwickeln und sich über relevante technologische Grundlagen und Vorhaben auszutauschen. Ein erstes Treffen der internationalen Stakeholder fand am 11. und 12. Juli 2023 in Brüssel statt.“  

  • Beirat sagt: „Wichtig für die Akzeptanz von Manufacturing-X bei Unternehmen ist, dass der Datenraum weiterhin die Souveränität bzw. Kontrolle über Unternehmensdaten sowie direkte Schnittstellen zum eigenen Kunden garantiert. Der grundlegende, föderative Ansatz in der technischen Architektur von Manufacturing-X unterstützt dies in Europa und weltweit.“

    BMWK antwortet: „Das BMWK teilt diese Einschätzung. Sämtliche Aktivitäten des BMWK zu Manufacturing-X zielen daher konsequent auf die Stärkung des föderativen Charakters ab.“

  • Beirat sagt: „Entscheidend für den Erfolg von Manufacturing-X ist es, Anreize für das freiwillige Teilen von Daten zu setzen. Mit Blick auf den aktuell von der Politik geschaffenen Regulierungsrahmen für die Datenökonomie ist es wichtig, eine möglichst große Kohärenz zwischen den verschiedenen Teilen der Regulierung zu schaffen, den Schutz von Geschäftsgeheimnissen zu wahren und bereits bekannte Anforderungen aus der Praxis zu berücksichtigen.“

    BMWK antwortet: „Föderierte Datenräume für die Industrie fußen nach Ansicht des BMWK nicht nur auf technischen und geschäftlichen, sondern insbesondere auch auf rechtlichen Grundlagen. Die geplante Förderrichtlinie bietet daher die Möglichkeit, auch rechtliche Fragestellungen umfassend zu beleuchten.“

  • Beirat sagt: „Es ist ratsam, bestehende Technologien, Lösungen und Erfahrungen aus anderen Bereichen oder Projekten zu berücksichtigen und zu nutzen, anstatt alles von Grund auf neu zu entwickeln. Das spart Zeit, Ressourcen und fördert die Effizienz.“

    BMWK antwortet: „Das BMWK stimmt zu. Das Förderkonzept und die Förderrichtlinie enthalten daher entsprechende Vorgaben und Bewertungskriterien.“

Ins Doing kommen

  • Beirat sagt: „Die Förderrichtlinie muss auf bestehenden Projekten und Technologien aufbauen und konkrete Use Cases, besser noch Business Cases, also Anwendungsfälle, entwickeln. Dabei ist es wichtig, nicht nur einzelne Use Cases zu betrachten, sondern die Interoperabilität zwischen diesen sicherzustellen. Dies sollte als zentrale Aufgabe definiert werden. Ein wichtiger Baustein dafür sind Transferaktivitäten.“

    → BMWK antwortet: „Das BMWK stimmt zu. Die unternehmens- und branchenübergreifende Interoperabilität ist ein Kernelement von Manufacturing-X. Die notwendige Koordination ist auch Gegenstand der Förderrichtlinie. Gleiches gilt für den Wissens- und Know-how-Transfer. Das BMWK wird daher ergänzend zu den Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten auch Transferaktivitäten fördern.“

Lesen Sie hier alles zum Fortschritt

Das Projekt zur energieflexiblen Industrie war am 21.04.2023 Thema im Beirat Digitalstrategie Deutschland.